Archiv 2008: PC-Schriften, eigene Schreiber, Papierschöpfen, Pigmente der Buchmalerei, Tintenrezepte, Zapf, Marmorieren…

Dezember: Immer wieder werde ich auf PC-Fonts angesprochen, darum hier noch einmal der beste Link für gebrochene Schriften, die man auf dem Rechner nutzen kann: bei Moorstation.org ist das Arsenal eines Schriftsetzers online, und praktischerweise hat sie noch jemand als Vorschaubilder online gesetzt.

November: Zeit für die Weihnachtsgeschenke! Das schönste für SchreibkünstlerInnen habe ich unter „Material“ zusammengestellt. Die Bücher, die als erste angeführt sind, sind auf Lager. Unter den Titeln Feder und Federkiel Tinten, Tuschen, Temperamente Füller und Federhalter Papier und Pergament verbergen sich Unterseiten mit ausführlicheren Beschreibungen zu den jeweiligen Werkzeugen. Am schönsten für Kreative aller Art ist sicher der Parallel Pen von Pilot.

Oktober: Selbst gemachte Schreibinstrumente haben Charme und sind immer für Überraschungen gut. Aus Küchenschwämmchen lassen sich z.B. interessante Formen schneiden, die man mit einer Stahlklammer gut halten kann. Die Schriftzüge sind allerdings relativ groß. Aus weichen, glatten Radiergummis lassen sich kantenscharfe Experimentalschreiber herstellen. Aneinandergebundene Binsenbündelchen sind saugstark und geben interessante Schriftbilder.

Binsenbündelchen

September: Was braucht ein Kalligrafie-Anfänger? Ein einfacher Holzfederhalter und einige Bandzufedern, vielleicht 1 mm, 2 mm und 3 mm breit, dazu noch eine Spitzfeder, das reicht fürs erste. Man kann ALLES damit schreiben, jede Flüssigkeit, die flüssig genug ist, und jede Schriftgröße (sehr grosse Buchstaben kann man als Kontur zeichnen). Einen Wasserfarbkasten braucht man auch, und einen guten Pinsel. Küchenpapier. Einen Zeichenblock. Einen Bleistift zum Vorskizzieren vielleicht, aber muss nicht. Wasser- oder Aquarellfarbe dünn anrühren, man bekommt schnell raus, wie dick es sein muss, um noch schreibflüssig genug zu sein und trotzdem intensiv in der Farbe. Streifen Sie die Farbe mit dem Pinsel in die Feder hinein, wie rechts abgebildet, von oben nach unten, bis der kleine Zwischenraum gerade gefüllt ist.

Federaufsatz befüllen: den Pinsel an der kleinen Aufsatz-Schlaufe abstreifen

Üben Sie Schwünge, Elemente, freie Formen. Beobachten Sie die Feder, Ihre Handhaltung bleibt immer dieselbe, aber die Bandzugfeder produziert dicke und dünne Striche, sie muss nur immer in voller Breite aufliegen.

August: Selber Papier machen ist ebenso reizvoll wie die eigene Tinte. Man besorge sich Zellstoff in der Papierfabrik, aber alte Zeitungen tun es für den Anfang auch. Kleinreissen und über Nacht in Wasser stehen lassen, um Papierbrei zu gewinnen. Zum besseren Beschreiben sollte man Porzellanerde und etwas Leim zum Brei hinzurühren. Für farbiges Papier etwas Farbpulver, Acryl- oder Abtönfarbe hinzu. Das Ganze in großer Wanne mit Wasser verdünnen auf ein Maß, dass die Zellstoffpartikel frei schwebend in dünnflüssigem Medium schwimmen.
Wenn man nun einen mit Draht bespannten Rahmen in gewünschter Blattgröße eintaucht, etwas hin und herschwenkt und möglichst gerade aus der Wanne hebt, bleibt der Papierbrei auf dem Gitter haften. Zum Trocknen stülpt man den Rahmen am besten auf ein Tuch (ideal ist Filz) und legt dann auch noch ein zweites darüber, das die überschüssige Flüssigkeit auffängt. So einfach geht das theoretisch… Interessant ist in jedem Fall die Herstellung größerer Papierbögen (eine Badewanne ist hilfreich), auf denen man mal den großen Pinsel tanzen lassen kann… 😉 große Bögen sind teuer! Hier ein Link zur Papierschöpferei beim Bastelfanatiker.

Pigmente der Buchmalerei

Juli: Die Buchmalerei war und ist eine faszinierende Kunst. Sehr viele Pigmente der Buchmalerei sind mineralischen Ursprungs. Erdpigmente wie Ocker, Englisch-Rot oder Umbra entstehen durch Eisenoxidierung. Andere Farben wie Malachitgrün, Lazuritblau oder Granatrot werden aus diesen Edelsteinen gewonnen. Manche Farben waren sehr giftig, grün wurde z.B. auch von Kupferspänen gewonnen, die man mit Weinessig mischte und anschließend monatelang im Misthaufen vergrub. Man kennt dieses Kupferspan von oxidierten Dachrinnen und Kupferdächern her. Hochgiftiges Bleiweiß wurde gewonnen , indem man Essig, oft auch Urin, auf Bleiplatten aufstrich. Durch die chemische Reaktion der Säuren mit dem Metall entstehen Oxide, Eisenoxide ergeben meist rotbrauen Färbungen. Die Pigmente wurden mit pulverisiertem Gummi arabikum, einem Harz, und Wasser oder Wein angerührt. Auch Eiweiß und Eigelb wurde als Bindemittel genutzt.

Juni: In Ermangelung eigener Fleissarbeit habe ich mal zu Tintenrezepten das Netz durchforstet. Es ist nämlich nicht schwer und ausgesprochen reizvoll, sich eigene Tinte herzustellen. Da ist zunächst einmal die Mutter aller Infos: Wikipedia. Allerdings ohne konkrete Rezepte, dafür gibt es z.B. Andi Schenks Werkbuch. Eine der ältesten Tinten ist die Eisengallustinte, sie ist ein bißchen komplizierter, aber dafür dokumentenecht. Bei Mysterium-Scribendi gibt es Basiswissen zur mittelalterlichen Illumination mit Pigmenten: hier die Rezepteseite.
Die Zutaten gibt es in der Apotheke vor Ort zu bestellen, und was es da nicht gibt (immer schön an die lokale Wirtschaftsfördung denken 😉 gibt es im Internet. Für manche Zutaten braucht man einen Mörser.

Übrigens: es gibt eine Ausstellung anlässlich Hermann Zapfs 90. Geburtstags, in Weimar. Veranstalter ist Pavillon-Presse Weimar e.V. – Ausstellungsort das Druckgraphische Museum. Noch ein Link: Als ich nach einem Bild von Zapf suche, stosse ich auf diese Seite, die die berüchtigsten Schriftschneider der Jahrhunderte vorstellt.

Marmoriertes Papier

Mai: Marmorieren ist wirklich einfach, probiert es mal aus! Es gibt spezielle Marmorierfarbe, aber Acrylabtönfarbe aus dem Baumarkt tut es auch. Hauptsache ist: ziemlich zäher Kleister, damit die Farbtropfen nicht gleich einsinken. Man schüttelt einen kleinen Teil Kleister in eine große viereckige Plastikschale und setzt ein paar Farbtropfen darauf. Die kann man dann mit einem groben Kamm oder einem Strohhalm oder den Fingern verteilen, dann ein Blatt Papier darauflegen und einen Moment einwirken lassen. Am einfachsten legt man sich ein Brett über die Badewanne und stellt da allen Kram drauf, denn eine Dusche zum Kleister abspülen ist wichtig! Man kann dann auch das fertige Blatt einfach an die innenseite der Badewanne anlegen, liegt glatt an und lässt sich schön abspülen 😉 Blatt trocknen, bügeln, fertig.

Neues Material: Sortiment erweitert! Unter Material findet der geneigte Schreiberling jetzt zumindest das Notwendigste, um sofort loszulegen: Federhalter, Füller, Papier, Pergament, Tusche. Und noch ein paar Kalligraphiebücher…

April: Die Schreibindustrie erfreut uns seit Jahren in wachsender Perfektion mit Gel- und Goldstiften, Metallic- und Lackschreibern für vielfältige Verzierungen. Vor der zeitlosen Pracht eines Blattgoldauftrages verblasst zwar der schönste Gelschreiber, aber Blattgold ist auch ungleich schwieriger zu verarbeiten, erst recht für den Anfänger. Für schnelle Goldverzierungen ist der G1 von Pilot Pen zu empfehlen.

Gold ist nicht gleich gold

Pilot arbeitet mit Perlmuttpigmenten, darum glänzt der Schriftzug wirklich in metallischer Schönheit. Ich habe ihn hier mal in Vergleich mit drei anderen Gelschreibern gesetzt. Auch wenn der Unterschied am Bildschirm eventuell nicht so auffällt, ist er in der Realität gravierend. Zwei der drei Konkurrenten liefern ein eher senffarbenes Bild, der Pentel nähert sich farblich zwar einem Goldton, der diesen Namen auch verdient, aber es fehlen die glitzernden Mineralpartikel, die beim Bewegen des Blattes der Schrift Lebendigkeit verleihen.
Nachtrag 2022: Ich schreibe immer noch mit den letzten Pilot Goldstiften der damaligen Lieferung! DAS ist wirklich preis-WERT! Alle anderen Stifte sind längst dahin, leer oder eingetrocknet.

Stiftertafeln

März: Der Codex Aureus in Nürnberg (siehe auch Dezember) kann noch bis Ende März besehen werden, auf ins Germanische Nationalmuseum, es lohnt sich wirklich. Man lernt auch einiges über die Buchmalerei allgemein, insbesondere bei den Führungen. Und versäumt nicht, etwa in der Mitte die Seitentür zu öffnen und in die alte Kirche zu schauen, an die das Museum quasi angeflanscht wurde. An der rechten Wand sind alte steinerne Stiftertafeln angebracht.

Für Fans der Illuminierungskunst kann ich auch das Buch zur Ausstellung empfehlen, kostet zwar 40 EUR, aber die Bordüren der Echternacher Mönche sind es allein schon wert.

Januar und Februar waren zu kalt zum schreiben…