Teil 1: Die ersten Schriften der Welt
Im Laufe der Jahrtausende und mit wachsenden Siedlungsstrukturen entwickelte der Mensch an vielen Orten der Erde Möglichkeiten der schriftlichen Verständigung. Nicht ohne Grund wird die Entwicklung der Schrift als größte Erfindung nach dem Rad gesehen. Erst mit der Schrift kam richtig Schwung in die Wirtschaft.
Die Inkas z.B. hatten in ihrer hochentwickelten Kultur eine Knotenschrift entwickelt, das sogenannte „Quipu„. Dort wurde also per Schnur geschrieben bzw. gerechnet, eine etwas kuriose, aber dennoch effektive Art der Wirtschaftsführung, wie sie es mit ihrer blühenden Zivilisation (bis zum Eintreffen der Spanier) bewiesen haben. Neuere Forschung geht sogar davon aus, dass mit den Knotenschnüren ganze Geschichten festgehalten wurden. Dies wurde spanischen Berichten entnommen. Im ethnologischen Museum Berlin gibt es mit 289 der rund 800 bisher gefundenen Quipus die größte Sammlung, hier mehr dazu.
Bei den Mayas und den Azteken gab es Hieroglypheninschriften, die aber aufgrund der spärlichen Überreste, die die Eroberer unversehrt ließen, bisher nicht entziffert werden konnten. Ähnlich ging es so manchem Volk und seinem Schriftsystem, das von Krieg und Verwüstung heimgesucht wurde. Fragmente von Schrift wurden auf Kreta gefunden (u.a.Diskus von Phaistos), im Hindustal Pakistans und etruskischen Ruinen.
Die alten Sumerer, die an der Mündung von Euphrat und Tigris siedelten, hatten um 3500 v. Chr. die Keilschrift entwickelt, die mittels keilförmigem Griffel in Tontafeln gestanzt wurde. Wurden die Tafeln gebrannt, hatte man einen voluminösen, aber quasi unzerstörbaren Schriftträger. Dadurch blieben viele Zeugnisse dieser Zeit erhalten.
Ton war zudem praktisch, weil Fehler auf ihm leicht zu korrigieren waren. Das Schreiben auf solchen Tafeln wurde von anderen Völkern übernommen und sehr lange beibehalten. Auch die ersten Schulen wurden von den Sumerern gegründet, und noch lange nach dem Untergang ihrer Kultur wurden heilige oder andere offizielle Texte anderer Völker zusätzlich in sumerischer Keilschrift verfasst, ähnlich unserem Brauch, auch heute noch auf Grabsteinen lateinische Inschriften (z.B. Resquiesquat in pace = Ruhe in Frieden) einzugravieren.
Die Ägypter entwickelten beinahe parallel am Nildelta eine ganz eigene Hieroglyphen-Schrift in verschiedenen Formen; als Steininschrift in hochkomplexen Bildern, und als hieratische Schrift, die mit der Rohrfeder auf Papyrus auftgetragen wurde (hieratisch = griech.: heilig bzw. Priester, weil für religiöse Texte benutzt). Die hieratische Schrift entfernte sich als „Alltagsschrift“ immer mehr von den Hieroglyphen (denen sie anfangs noch sehr ähnelte). Sie wurde mit der Rohrfeder geschrieben, die ein schnelleres Schreiben erlaubte.
Geschrieben wurde in verschiedenste Richtungen. Zu erkennen ist die Schreibrichtung am einfachsten an den Tier- und Menschengestalten, die immer in Schriftrichtung blicken. Für die Farben wurden Mineralfarben verwendet: Ocker für Rot, Gelb und Braun, Malachit für Grün, Azurit für Blau, Gips oder Kalk für Weiß, Holzkohle oder Ruß für Schwarz. Als Bindemittel wurden Leim, Eiweiß und Gummi arabicum verarbeitet. Die ägyptische Kunst beschränkte sich auf wenige Grundfarben, die auch Richtlinien folgten. Gold war das Symbol der Sonne, Schwarz wurde für Tod und Auferstehung verwendet. Die Hautfarbe der Männer war braun, während die der Frauen gelblich dargestellt wurde. Auf Schattierungen wurde gänzlich verzichtet.
Entschlüsselt wurden die Hieroglyphen erst mit Hilfe des „Steines von Rosette„und anderer mehrsprachiger Texte. Als Hauptakteur dürfte in diesem Zusammenhang Jean Francois Champollion gelten, ein französischer Sprachenforscher mit der Aura des Wunderkindes.
Vorläufer des Papiers
Das bevorzugte Schreibmaterial der Ägypter war der Papyrus, von dessen Namen sich unser Wort „Papier“ ableitet. Durch seine aufwendige Herstellung war er teuer und wurde sehr sorgfältig behandelt, teilweise sogar recycled. Diese Palimpseste (gereinigtes, wiederbeschriebenes Schreibmaterial) fand man relativ häufig. Es wurden auch Holztafeln mit einer dünnen Gipsschicht überzogen und beschrieben, der Überzug konnte mehrfach erneuert werden. Auch Leder war schon bekannt, war aber noch teurer und nur für königliche Texte und Tempelrituale verwendet, wie auch der Papyrushandel königliches Monopol war.
Die komplizierte Bilderschrift, oft in Stein gemeisselt, für rituelle Zwecke galt als heilig und vom Gott Thot gesandt, der Name eines Menschen verkörperte sein Wesen, der eines Gottes seine Gegenwart. Da nimmt es nicht Wunder, dass es so etwas wie Radieren und Korrigieren einfach nicht gab. Man hätte Gott wegradiert!
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Beschriftete Figuren als Grabbeigaben sollten dem Toten die im Jenseits abverlangten Arbeiten übernehmen. Über die Jahrhunderte (die Schrift war von etwa 3500 v.Chr. bis 400 n. Chr. in Gebrauch) blieben die Ägypter aufgrund dieser mystischen Einstellung zur Schrift in deren Entwicklung quasi stecken, weil sie keine Vereinfachungen wagten, um ältere Texte nicht zu entweihen. Mit der Eroberung durch Alexander den Großen ging ihre geschichtliche Vormachtstellung endgültig zu Ende, nachdem schon vorher der Ruf der Pharaonen als Götter sehr gesunken war, die sich in Kriegen verausgabten oder in Prunksucht.