Material für die Kalligraphie: Vorbereitung

Geschrieben werden kann mit fast allem, denn Kalligrafie heißt zunächst nur, Schrift künstlerisch auszugestalten, und das kann ich auch mit den bloßen Fingern! Und wer schon mal einen vom Meer gefegten Sandstrand beschrieben hat, dem wird das DIN A4 Blatt als ärmliche Fläche erscheinen.
Reinhard Mey schrieb „auf ein Birkenblatt die Noten für ein Käfer-Requiem“, für manche Worte bedarf es eben besonderer Untergründe, oder besonderer Flüssigkeiten (siehe „Faust“), und die Entscheidung hierüber liegt allein in der Kreativität des Schreibers.
Wer lange Texte schreibt, wird merken, wie anstrengend das Leben als Mönch gewesen sein muss, der sich im Scriptorium tagaus, tagein, über seinen Pergamenten krümmte und Augen und Rücken ruinierte. Aber es gab damals auch weitaus schlimmere Berufe, z.B. Pergamente herstellen…

Sinnvoll ist in jedem Fall eine geneigte Schreibfläche; hier ist ein hölzernes Schreibpult abgebildet, man kann aber auch eine Glasscheibe nehmen und einen Stapel Bücher drunter legen. Ein guter Trick ist es, beim Schreiben die Stützhand mit Kraft aufzudrücken, dadurch entlastet man automatisch die Schreibhand. Wichtig ist ein aufrechter Sitz und vernünftige Beleuchtung.

In die Schreibplatte ist (absolut bündig) eine Glasscheibe eingelassen, die von unten mit einer Lampe durchschienen ist, so daß man liniertes Papier unter den Beschreibstoff legen kann. Oder auch fertige Vorlagen, oder im PC erstellte Texte, was zum Üben von Proportionen sehr praktisch ist, auch wenn bei solchem Vorschlag dem Puristen die Haare zu Berge stehen werden…
Das Schreibpult hier ist einfach nachzubauen. Die Platte ist per Stab verstellbar, darum sind zwei kleine Scharniere an der vorderen Kante. Oben habe ich ein Brett angesetzt, in dem Löcher für Pinsel und Federhalter sowie Ausfräsungen für Tintenbehälter vorhanden sind. Klammern halten Vorlagen und Schmierpapier fest (rechte Seite). Das Pult ist 85 cm breit, 60 cm tief und der Schreibwinkel beträgt zugeklappt 20° (so schreibe ich auch am häufigsten). Die Beleuchtung kommt durch eine Stablampe, die am Boden des Pultes befestigt ist. Das Stromversorgungskabel nervt mich, aber inzwischen kann man sich mit akkubetriebenen LED-Lampen viel einfacher Licht verschaffen.
Eine sehr gute Variation ist auch ein Plexiglas-Schreibpult (Tischversion). Man kann einfach eine Stablampe drunter legen.
Oder man nimmt eine große Holzplatte, Glasscheibe oder anderes und packt einen Stapel Bücher zum Schrägstellen drunter. Auf dem flachen Tisch schreibt es sich natürlich auch, geht aber schnell in den Rücken. Dafür kann die Tinte nicht verlaufen, hat man sie mal zu üppig in der Feder gehabt. Es empfiehlt sich immer, auf einem Schmierblatt zunächst kurz „anzuschreiben“, um solche Überraschungen zu vermeiden. Man wird die überschüssige Tinte los und entdeckt kleine Störkörper (am schlimmsten sind Kleidungsfussel, die sich im Schlitz der Feder festsetzen und die Schrift kompett verwischen können).

Formübungen für die Unzialschrift

Als Vorlage beim Schreiben nimmt man gern ein Alphabet vergangener Jahrhunderte. In der Bücherei vor Ort wird man eine mehr oder weniger große Auswahl am Kalligraphiebüchern finden, aus denen man sich Schriften kopieren kann. Man kann auch zunächst einfach  Formen üben, um den Umgang mit dem jeweiligen Schreibinstrument zu erlernen. Ob Füller, Federhalter oder Pinsel, selbstgebaute Schreiber oder schicke Spezialgeräte wie der Parallel-Pen: ein jedes Werkzeug hat seine Eigenarten.

Was ich natürlich besonders empfehle: Meine Kalligrafie-CD!
Da gibt es außer den gängigen Unzial- und Frakturschriften auch eine Menge alter Malerschriften, die man sonst nirgends findet. Die CD ist mit ausführlichen Anleitungen zur Vorlagengestaltung mit dem PC versehen, so daß der einigermaßen versierte PC-Nutzer sich Vorlagen für Word gestalten kann (eine Auswahl ist bereits auf CD enthalten). Außerdem sind Tipps und Tricks der Federführung enthalten, Materialhinweise, Zitate und sonst noch alles mögliche, was den beginnenden Schreiber freut.

Gut ist es auch, einen festen Platz einzurichten, wo man seine Schreibwerkzeuge liegen lassen kann. Denn auch wenn man nur eine Viertelstunde Zeit hat, oder nur ein Etikett schreiben möchte, wird man seine Kunst verbessern, weil man sie regelmässig ausübt. Und das geht am besten, wenn alles direkt bereitsteht.